2004

175 Jahre Jüdische Kultusgemeinde Kreis Recklinghausen

Bei der Feier zum 175-jährigen Bestehen der Jüdischen Kultusgemeinde Recklinghausen: Landesrabbiner Dr. Henry G. Brandt, der Vorsitzende des zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, Minister Wolfram Kuschke und Bürgermeister Wolfgang Pantförder (von links).

175 Jahre, das sei eine kleine Zeitspanne angesichts der Tatsache, dass beim kommenden jüdischen Neujahrsfest das lahr 5765 beginne, rechnete Kuschke vor. Und doch auch wieder lang angesichts der jüngeren Vergangenheit. ,,Wir feiern heute das Wunder, dass es überhaupt noch jüdische Gemeinden in NRW gibt.“
175 lahre zu feiern, eigentlich ja kein rundes Jubiläum, dahinter stecke ein tieferer Sinn, sagte Landesrabbiner Dr. Henry G. Brandt. ,,Jedes Jahr, das wir feiern können, ist ein Ereignis. Wir freuen uns, dass wir da sein dürfen.“

Wie schon der langjährige Vorsitzende der Gemeinde, Harold Lewin, dankte auch Brandt für die Unterstützung, die die Gemeinde auf allen Ebenen erfahren habe. Und doch: ,,Hätte es die Zuwanderung aus den ehemaligen GUS-Ländern nicht gegeben, alle Anstregungen wären vergebens gewesen. Die Gewissheit, als Gemeinde überleben zu können, ist allein auf die Zuwanderung zurück zu fuhren.“

,,Wer ein Haus baut, der will bleiben“, zitierte Bürgermeister Wolfang Pantförder aus einer Rede von ]ohannes Rau, damals noch Ministerpräsident, zur Einweihung der Synagoge 1997 (das Haus nannte Brandt einen, bescheidenen Stern am bescheidenen Himmel des Judentums“). Nicht erst mit dem Bau des Gotteshauses. von Anfang an habe die Jüdische Kultusgemeinde Kraft und Zukunftsglauben bewiesen, ,,eine Kraft, die vor dem Hintergrund der Gemeinde fast unglaublich lst“. Die Thora, so heiße es in einem alten jüdischen Lied, sei der Baum des Lebens. ,,Es ist ein großes Glück für Reckling-häusen“, so Pantförder, ,,dass der Baum einen göttlichen Lebenstrieb hat. dass er wächst, dass er blüht. AIs Bürgermeister dieser Stadt bin ich froh darüber, bin ich aber auch stolz darauf, wie sehr Bürger, Stadt und Land dieseir Lebenttrieir unter-stützen.“

Stein

 

,,Wir feiern das Wunder, dass es die Gemeinde gibt“

Einen eigenen Chor hat die Jüdische Kultusgemeinde – Zeichen regen Gemeindelebens. WAZ-Bilder: Lojkowski/HG

,,Dass sich 60 Jahre nach dem Holocaust so viele Juden entschlossen haben, aus den ehemaligen GUS-Ländern nach Deutschland, nach Reckling-hausen zu kommen, das ist ein Wunder dieser Zeit und das ist auch ein Zeichen des Vertrauens.“ Das sagte Paul Spiegel, Vorsitzender des Zentral-rates der ]uden in Deutschland, am Sonntag bei der Feier zum 175-jährigen Bestehen der jüdischen Kultusgemeinde in Recklinghausen vor zahl-reichen hochrangigen Gästen in der noch jungen Synagoge der Gemeinde. Erhoffe, so Spiegel, dass man beim nächsten lubiläumstermin auf weitere 25 Jahre des Friedens zurück blicken könne.
Eine Feier, die mit dem Eintrag ins Goldene Buch durch Spiegel, den Chef der NRW Staatskanzlei, Wolfram Kuschke und Bürgermeister Wolfgang Pantförder begann, endete mit entspanntem Plaudern bei rotem und weißen Wein aus Israel.                                                                                            Das entspannte Verhältnis der Kultusgemeinde zur Nachbarschaft in Stadt und Kreis Recklinghausen, es war das Thema der Feier neben der unseligen Vergangenheit, in der die jüdische Gemeinschaft in Recklinghausen bis auf eine Hand voll Menschen ausgerottet wurde.

 

 

 

 

 

Staraufgebot bietet Hörgenuss

SUD: Festkonzert als Auftakt der 17l-lahr-teierlichkeiten der f üdischen Gemeinde

Einen absoluten Hörgenuss mit hochkarätigen Künstlern bot das Festkonzert am Sonntagabend im Bürgerhaus Süd. Anlässlich der Feierlichkeiten zu ihrem 175-iährigen Jubiläum präsentierte die Jüdische Gemeinde Recklinghausen ein musikalisches Staraufgebot.
Das Programm stand ganz im Zeichen der reichen jüdischen Musiktradition.

Neben Ausschnitten aus den großen klassischen Werken iüdischer Komponisten wie Felix Mendelssohn-Bartholdy waren auch zeitgenössische Stücke sowie lüdische Volksweisen zu hören.
,,Das Festkonzert ist der Auftakt zu einer Reihe von Veranstaltungen“, erläutert Gemeinderatsvorsitzender Evgeni Vilkinski.

Am Sonntag, 12. September, findet um 11 Uhr in der Synagoge ein offizieller Festakt statt, zu dem unter anderem Landesrabbiner Henry G. Brandt

und der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, erwartet werden. Eine Ausstellung sowie ein jüdischer Liederabend sind ebenfalls geplant. Die Vorbereitungen zum Konzert liefen bereits seit April, finanzielle Unterstützung erhielt die Gemeinde von der Stadt, dem Landesverband Jüdischer Gemeinden von Westfalen-Lippe und einigen Firmen.

Das Konzert eröffnete der siebenjährige David Basner, der bereits den Regionalwettbewerb von ,,Jugend musiziert“ gewann. Er spielte auf seiner Violine die Hatikva, die jüdische Nationalhymne. Mit Werken von Ernst Bloch, jenem Komponisten, der seine künstlerische Kraft ganz in den Dienst der Bestrebungen des jüdischen Volkes stellte, begeisterte Violinist Alexander Ostrovski das Publikum. Der Absolvent des Moskauer Tschaikowsky-Konservatoriums entfachte mit Blochs Weisen wehmütige Momente, bevor er mit Fritz Kreislers ,,Ein kleiner Wiener Marsch“ muntere Töne anschlug.

Wehmütige und muntere Momente Weitere Glanzlichter des Programmes waren Kiriil Kraftzoff mit dem Rastrelli Cel1o Quartett und Vladimir Mogilevski am Klavier. Bevor das Quartett moderne Klänge und traditionelles Liedgut spielte, wählte Kraftzoff für seinen Solo-Auftritt Max Bruchs Vertonung des ,,Kol Nidrei“, dessen Themen dem gleichnamigen jüdischen Gebet entstammen. Es wird zu Beginn vonJom Kippur angestimmt, dem höchsten jüdischen Feiertag. Der vielfach mit Preisen ausgezeichnete Mogilevski interpretierte Variationen des, Hochzeitsmarsches“ von Mendelssohn-Bartholdy kraftvoll und fein akzentuiert.

-br

Die historische Ausgabe zur 175-jähriger Jubiläum Gemeinde

    Die erste Ausgabe des Informationsblattes „Hoffnung“